Liebevolle Zusage: Gott ist auch im Dunkeln

Unter dem Leitgedanken „Ich liebe Dich, Du Welt, Du Mensch“ von Karl Rahner fand Anfang Dezember der Besinnungsnachmittag der MHGG in Laupheim statt.

„Mögen wir uns aufrichten aus den Sorgen des Alltags
und unser Haupt erheben in gotteskindlichem Vertrauen.
Mögen unsere Augen Ausschau halten, hinein in die Weite der Verheißung
und unsere Lampen tragen mit dem Öllicht wachender Sehnsucht.
Möge unser Mund erfüllt sein von horchendem Schweigen
und unser Herz singen, denn unsere Erlösung ist nahe.“  

Die obigen Worte eines unbekannten Verfassers trugen wir als MHGG-Team in unseren Herzen als Wunsch, für die 41 Teilnehmer*innen, die am 02. Dezember zu der Besinnung nach Laupheim kamen. Adventliche Musik ließ uns alle still werden, und anschließend wurde es auch noch dunkel im Saal. In einer Meditation verspürten wir, wie Dunkel auf unser Menschsein wirkt und lastet.

Wir Menschen mögen das Dunkel nicht und möchten fliehen. Advent heißt eben gerade nicht, dass alles nur licht und hell und schön ist. Advent – da ist das Dunkel, das Schweigen, die Nacht aushalten. Eine Nacht, in der wir vor letztendlichen Fragen unseres Lebens gestellt sind. So kann der Advent auch eine Chance sein, sich im Dunkel, im Schweigen, in der Einsamkeit berühren zu lassen von dem ganz anderen. Der Advent lädt uns ein, den Stern wahrzunehmen im Dunkel, ihn aufgehen zu lassen, der Sehnsucht Raum zu geben, das Wort zu hören und die leise Stimme zu vernehmen: „Fürchte dich nicht!“

Andrea Schwarz sagt in einem ihrer Bücher: „Das Dunkel ist nicht gottlos – sondern Gottes voll.“ Wenn Gott sich im Dunkel versteckt, dann brauche ich keine Angst zu haben. Er ist da, ich kann mit ihm sprechen und so voll Hoffnung auf das verheißene Licht warten. Gott nimmt das Dunkel nicht weg, denn es gehört zum Menschsein dazu. Auch wenn wir das Gefühl haben, dass wir alleine sind, weil wir ihn nicht sehen. Gott ist da.

Vielleicht ist das die Weihnachtbotschaft: Gott ist im Dunkel meiner Nacht und so auch im Dunkel unserer Welt. Dies macht unsere Nacht zur Heiligen Nacht. Gott ist meine, unsere Nacht so wertvoll, dass er in ihr zur Welt kommt, auch heute. Das ist Weihnachten.

An Weihnachten dürfen wir Gottes JA an uns feiern. Karl Rahner formuliert diese Zusage folgendermaßen: „Gott hat sein letztes, sein tiefstes, sein schönstes Wort im fleischgewordenen Wort in unsere Welt hineingesagt. Ein Wort, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, weil es Gottes endgültige Tat, weil es Gott selbst ist in der Welt ist. Und dieses Wort heißt: Ich liebe Dich, Du Welt, Du Mensch. Es ist Weihnachten. Zündet die Kerzen an. Sie haben mehr recht als alle Finsternis. Es ist Weihnacht, die bleibt in Ewigkeit.“

Diese, so tiefe Aussage der bedingungslosen Liebe Gottes, hat der Maler Sieger Köder ins Bild gebracht. Auf diesem Bild, das wir betrachteten, stellt er den Stall mit der Krippe dar. Aber in der Krippe liegt kein Kind, sondern ein aufgeschlagenes Buch. Zu lesen ist darin der bekannte Satz aus dem Johannesevangelium, 1. Kapitel, Vers 14: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“

Die Bibel in der Krippe erinnert daran, dass es um Gottes Wort geht, das zu uns kommt und das bei uns bleibt. Denn das Kind ist nicht mehr unter uns, so oft wir es auch als Figur in die Weihnachtskrippe legen. Aber Gottes Wort ist bleibend bei uns in den Worten des Evangeliums, der Gott mit uns:

„Den Armen verkündet er die Botschaft des Heils, den Gefangenen Freiheit, den Bedrückten Trost, den Trauernden Freude. Den Sündern bringt er die Vergebung des Vaters. Er hat ein Herz für die Ausgestoßenen und Verachteten. Den Bedrängten und Verzweifelten ist er ein Bruder. ER – der Gott mit uns.“

Die Geburt des Kindes in Bethlehem hat Bestand in der Zeit, sie erreicht auch mich heute. Lassen wir uns berühren und bewegen von den Texten der Heiligen Schrift. Geben wir Gottes Wort Hand und Fuß durch uns selbst, unser Leben und unser Handeln. Lassen wir uns durch sein Wort verwandeln, zu neuen Menschen machen, uns ganz und gar erfüllen. Dass wir hinausgehen und sagen können: Ja, das Wort ist Fleisch geworden und hat Wohnung genommen in unseren Gedanken in unseren Herzen. Mögen die Menschen durch uns erfahren dürfen: „Ich liebe Dich, Du Welt, Du Mensch“ (Karl Rahner).

Weihnachten ist eigentlich das ganze Jahr über. Immer dann, wenn uns unerwartet ein „Licht aufgeht“, wenn Versöhnung möglich wird, wenn uns etwas gelingt – dann kommt Gott in unsere Welt. Wenn wir als Menschen des Advents, den Alltag als „weihnachtlich-aufmerksame“ Menschen leben, dann wird Gott in uns geboren. Denn Gott kommt überraschend zu uns, da, wo wir leben, vielleicht auch leiden und bangen. Gott ist Mensch geworden, um bei uns Menschen zu sein. Das ist die Botschaft von Weihnachten. Dies ist auch die Botschaft für das kommende Jahr 2025: Gott mit uns.

Vielleicht können wir nach Weihnachten, wenn wir die Krippe aufgeräumt haben, an ihrer Stelle die Bibel aufschlagen, damit Gottes Wort bei uns immer wieder neu, persönlich ankommen kann und Wohnung nimmt. Das Wort Gottes, das die Welt ins Leben liebt, kann alte Hoffnung in lebendige Kraft verwandeln. Diese Hoffnung gibt niemanden verloren. Gottes Wort strahlt aus der Krippe durch die Ritzen des Stalles von Bethlehem nach draußen, wie das Licht eines neuen Schöpfungstages. Legen wir uns und unsere leidende, zerrissene Welt hinein in die verwandelnde Kraft des liebenden Hoffnungs-Wortes: „Ich liebe Dich, Du Welt, Du Mensch.“

„Brich herein göttliches Licht, lang ersehnter Hoffnungsstern,
lichte den Nebel der Orientierungslosigkeit unserer Zeit.
Durchbrich das Dunkel von Zeit und Raum und
öffne den Himmel für einen Moment.
Damit ich mich erinnere an deine große Kraft,
die Fesseln löst, die aufrichtet, die heilt, die stärkt,
die ermutigt, Dir nachzufolgen, Dich zu verkünden in Wort und Tat.
DICH – den „Gott mit uns.“                                                  

(Hinterberger, abgeändert)

Sr. Theresia Eberhard SSpS