Durch „Zufall" bin ich gerade jetzt für einen Monat in Rom. Ich arbeite mit in der Domitilla Katakombe, die die Steyler Missionare im Auftrag des Vatikans verwalten und durch Führungen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Es ist ein ganz besonderer Ort und nach einer Einarbeitungszeit habe ich schon einige deutsche Besucherinnen und Besucher hindurchgeführt.
Welch ein Schock war es - hier wie auf der ganzen Welt - als wir am Morgen des Ostermontags in unserem Aufenthaltsraum vom Tod von Papst Franziskus hörten. Kurz nach 10 Uhr sagte eine meiner Kolleginnen in der Katakombe: „Der Papst ist tot!“ Kurz darauf sagte der Nächste: „Das sind Fake News!“ Aber es war wahr!
Bruder Michael SVD und ich beschlossen, am Donnerstagmorgen in den Petersdom zu gehen, um uns von unserem Papst Franziskus zu verabschieden, der dort aufgebahrt ist. Kurz nach 6 Uhr starteten wir.
Als wir gegen 6.30 im Vatikan ankamen, war die - zu der Uhrzeit noch einzige - Schlange schon ca. 400 Meter lang und vielleicht 7 Meter breit und wir reihten uns ein. Von allen Seiten kamen Menschen herbeigeströmt und die Schlange wuchs in Sekundenschnelle! Zusammen mit tausenden Menschen warteten wir, froh darüber so früh da zu sein. Trotz der vielen Menschen war es eine ganz besondere, getragene Atmosphäre. Meine Gedanken wanderten immer wieder voll Dankbarkeit zu "Papa Francesco", wie die Italiener sagen; wie mutig und unbeirrt hat er für das Reich Gottes gekämpft! Und er hat sich nicht von verkrusteten Traditionen beeinflussen lassen....
Um 7 Uhr sollte der Petersdom geöffnet werden und kurz darauf begann sich unsere Schlange Schritt für Schritt in Bewegung zu setzen. Knapp zwei Stunden später erreichten wir die Sicherheitskontrollen unter den Kolonnaden und noch vorhandenes Wasser musste schnell ausgetrunken werden. Plötzlich standen wir auf dem Petersplatz - und von da an ging es auf einmal zügig voran. Durch die Heilige Pforte betraten wir den Petersdom. Stille umfing mich, trotz so vieler Menschen. Langsam gingen wir auf das Zentrum des Petersdoms zu, wo Papst Franziskus aufgebahrt war.
Unsere Gespräche verstummten und wieder empfand ich Dankbarkeit, in diesem Moment an diesem Ort sein zu können, um von diesem wunderbaren Menschen Abschied nehmen zu können. Durch eine Balustrade getrennt, standen wir einen Moment kurz vor seinem Sarg und konnten sein Gesicht sehen. Wenige Sekunden später wurden wir aufgefordert weiterzugehen.
In die Trauer über den Tod von Papst Franziskus mischt sich die Freude darüber, dass er sein Ziel nun erreicht hat. In der Domitilla Katakombe, in der ich in diesen Wochen arbeite, waren die Märtyrer Nereus, Archilleus und Petronilla bestattet. Die ersten Christen haben sie besonders verehrt und waren gewiss, dass die Märtyrer auch sie in das Paradies begleiten würden. Daran muss ich in diesen Tagen immer wieder denken. Unser Glaube sagt uns, dass auch Franziskus in das ewige Leben eingegangen ist. Möge er in Frieden ruhen.
Sr Annette Fleischhauer SSpS