"Eine sehr intensive Zeit mit den Kindern"

Sr. Imelda Taneo arbeitet als Kinderpflegerin im Kindergarten des Bethanien Kinderdorfes in Waldniel (Niederrhein) und ist derzeit in der Notbetreuung eingesetzt. Im Interview erzählt die 40-Jährige, wie die Kinder die Coronakrise meistern.

Sr. Imelda Taneo (rechts) zeigt der Generalassistentin Sr. Mary John den Kindergarten (Archiv)

Liebe Imelda, Du hast Dich freiwillig für den Einsatz in der Notbetreuung gemeldet. Warum?
Sr. Imelda Taneo: Ich war in den ersten 14 Tagen nach dem Lockdown in unserer Kommunität in Mönchengladbach. Die erste Zeit konnte ich mich noch gut beschäftigen, aber dann habe ich gemerkt, dass ich raus möchte. Ich kann nicht nichts tun. Die Leiterin unseres Kindergartens hat alle Mitarbeitenden angerufen und gefragt, wer helfen kann. Da habe ich mich freiwillig gemeldet.

Hattest du am Anfang Sorge, Dich mit dem Virus zu infizieren?
Ja, ich hatte ein wenig Angst. Auch davor, dass ich Überträgerin sein könnte und vielleicht meine Mitschwestern anstecke. Aber ich habe meine Sorge abgelegt, denn mir wurde klar, dass ich durch die Arbeit in der Notbetreuung meinen Beitrag in der Coronakrise leiste. Außerdem kann ich dadurch meine Kolleginnen entlasten, die selbst noch kleinere Kinder haben, die betreut werden müssen.

Die Notbetreuung läuft nun schon seit acht Wochen. Wie war es am Anfang?
In den ersten Tagen hatten wir nur ein Kind. Wir hatten mit mehr Kindern gerechnet, da wir eine große Einrichtung mit fast 80 Kindern sind. Wir haben viel geputzt, aufgeräumt und die Ordner der Kinder sortiert. Von Woche zu Woche kamen mehr Kinder dazu.

Wie haben die Kinder reagiert, als sie wieder in den Kindergarten kommen konnten?
Mit großer Freude. Die Kinder liefen mit strahlenden Augen durch ihre Gruppenräume und waren glücklich, wieder mit ihren Freunden spielen zu können. Sie hatten so viel zu erzählen. Natürlich ist Corona das wichtigste Thema. Es ist sehr präsent für die Kinder, natürlich auch weil ihre Eltern viel darüber sprechen. Erstaunt hat mich, wie gut die Kinder Bescheid wissen und sich an die Hygieneregeln halten. Für die Kinder ist es mittlerweile normal, dass wir die Dreiräder oder Spielsachen nach dem Gebrauch desinfizieren. Im Morgenkreis erinnern wir immer wieder daran, wie die Kinder niesen und husten sollen. Ein Kind hat sogar ein Bild von dem Virus gemalt und gesagt, dies sei Corona.

Das klingt nach einer sehr intensiven Zeit, die Du gerade im Kindergarten verbringst.
Für uns Erzieherinnen und für die Kinder ist es eine sehr prägende Zeit. Zurzeit sind täglich zehn bis elf Kinder bei uns, die in zwei Gruppen aufgeteilt sind. Ich habe jetzt Zeit auf jedes Kind intensiver einzugehen, kann es individueller fördern und auf seine Bedürfnisse eingehen. Dazu bleibt sonst bei 24 Kindern in der Gruppe zu wenig Zeit. Wir basteln und spielen viel. Eines finde ich besonders schön: Wir kochen gemeinsam mit den Kindern. Normalerweise wird das Essen geliefert. Seitdem wir selbst kochen, essen die Kinder mit großem Appetit.

Die Eltern holen also glückliche Kinder wieder ab?
Ja, die Eltern sind uns sehr dankbar. Es ist eine große Erleichterung für sie, wenn sie sehen, dass es den Kindern gefällt und es ihnen gut geht. Diese Zeit ist ohnehin schwierig genug.

Wie steht Ihr im Austausch mit den Kindern, die jetzt nicht in den Kindergarten kommen dürfen?
Die Kinder bekommen regelmäßig Post von uns Erzieherinnen. Mal eine Postkarte mit einem Gruß, mal eine Geschichte zum Vorlesen. Wir haben den Zaun des Kindergartens mit einem Regenbogen gestaltet. Vor der Coronakrise hatten wir ein Raupenprojekt begonnen. Die Kinder konnten nicht sehen, wie ihre Schmetterlinge geschlüpft sind, daher haben wir für jedes Kind ein kleines Video gemacht und ihnen geschickt.

Besonders für unsere Großen, die Vorschulkinder, tut es mir sehr leid. Ihnen fehlt ein wichtiger pädagogischer Teil zur Vorbereitung auf die Schule. Da haben wir als Kindergarten eine wichtige Verantwortung, der wir jetzt leider nicht nachkommen können. Das macht mich traurig. Die Übernachtung im Kindergarten ist immer das Highlight für alle Vorschulkinder. Diese schönen Erlebnisse fehlen den Großen.

Interview: Steffi Mager

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