Jesus und Johannes

Sr. Stefanie Hall führt Sie in ihrem Impuls durch die Tage von Gründonnerstag bis Ostersonntag. Eine Zeit, aus der wir gerade jetzt Kraft schöpfen können.

Welch berührende Szene! Vertrautheit, Freundschaft, Ruhe, Trost… drückt sie aus. Johannes an der Brust Jesu, genau an der Stelle seines Herzens – eine vertrauensvolle Szene in einer Situation, die alles andere als beruhigend war. Jesus hatte den Jüngern, die mit ihm bei Tisch lagen, gerade anvertraut: „Amen, amen, ich sage euch: Einer von euch wird mich ausliefern.“ Die Jünger waren erschrocken und ratlos und wollten wissen, wen er meinte. Daher „nickte“ Petrus dem Jünger, den Jesus liebte, zu, „er solle fragen, von wem Jesus spreche. Da lehnte sich dieser zurück an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist es?“ (Joh 13,21-25).

Jesus hatte gerade den Beginn seines eigenen Leidens und Sterbens angekündigt, zu dem einer von seinen Freunden maßgeblich beitragen würde, und gibt – so wie es der Künstler der Johannesminne darstellt – selbst noch Trost; mit der einen Hand hält er stützend die Hand des Johannes und seine andere liegt beruhigend und freundschaftlich auf der Schulter des Johannes.

Jesus bleibt in seiner Passion nicht bei sich selbst stehen oder im Selbstmitleid versunken, sondern hat auch da noch ein Auge und Herz für andere Menschen (vgl. Lk 22,50f; 23,42f.)
Die Johannesminne drückt die Einladung an uns aus, immer wieder zum Herzen Jesu zu gehen und uns von ihm trösten zu lassen, z.B. gerade jetzt, in dieser schweren Zeit der weltweiten Corona Krise. Und dann den Trost, den wir bei Jesus empfangen, weiterzugeben an andere Menschen, die vielleicht in noch größerer Not sind als wir selbst.

Von Johannes, dem Jünger, den Jesus liebte, hören wir ein weiteres Mal in der Passion Jesu, wie sie der Evangelist Johannes berichtet, als er mit Maria unter dem Kreuz Jesu steht. So wie diese Szene auf der Außenfassade der Marienkirche in Mühlhausen (Thüringen) dargestellt ist, erinnert die Haltung des Johannes an seine Haltung in der Johannesminne. Nur hier hält er selbst seinen Kopf und kann ihn nicht mehr an die Brust Jesu lehnen. Johannes scheint nachdenklich. Vielleicht sinnt er über die Worte Jesu nach, die er gerade von ihm vom Kreuz herab gehört hat: „Siehe, deine Mutter.“

Oder über all das, was in den letzten Stunden, seitdem er sich beim Mahl an die Brust Jesu gelehnt hatte, geschehen ist. Wie wird es weitergehen? Wo sind die anderen? Er glaubte doch an die Liebe Jesu und jetzt? Jesus, sein Freund, sterbend am Kreuz. Ist es das Ende von allem?

Zwei Tage später läuft er mit Simon Petrus zum Grab Jesu, weil Maria von Magdala ihnen eine unglaubliche Botschaft überbracht hatte: „Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben.“ (Joh 20,2b) Sie wollen es mit eigenen Augen sehen. Er sieht das leere Grab und die Leinenbinden, geht aber zunächst nicht hinein. Erst nach Petrus geht auch er in das Grab, den Ort des Todes. Dann heißt es: „Er sah und glaubte.“ (Joh 20,8b). Er glaubt jetzt, dass das Sterben Jesu am Kreuz nicht das Ende war. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Nicht bei Jesus und nicht bei uns! Die Botschaft von Ostern gibt gerade jetzt, wo so viele tausend Menschen täglich am Coronavirus sterben, Trost und Hoffnung!

Sr. Stefanie Hall SSpS