MaZ: „Dinge, die unerreichbar schienen, sind jetzt ganz leicht!“

Elisabeth ist als Missionarin auf Zeit in Angola und arbeitet als Hebamme in einem Krankenhaus. Welche besondere Ehre ihr dort zuteil wurde und welches neue Hobby sie für sich entdeckt hat, schreibt sie in ihrem Rundbrief.

Die große und die kleine Elisabeth

Ich hoffe, ihr habt die Feiertage genossen und fleißig Ostereier gesucht! Diese Tradition gibts ja in Angola nicht, dafür habe ich ganz viele andere schöne Feierlichkeiten hier miterleben dürfen! Die Semana Santa, also Karwoche, hat mit einer schönen Prozession am Palmsonntag begonnen. Es hatten wirklich alle Palmzweige mit und damit sind wir die Straße entlangspaziert und haben gesungen und dann eine Feldmesse in der morgendlichen Hitze gefeiert. Sehr beeindruckt hat mich auch der Kreuzweg am Freitag, der als Theaterstück mit den einzelnen Stationen vorgespielt wurde. Die Osternacht am Samstag hat dann mit einem großen Osterfeuer begonnen und anschließend ging die Messe sage und schreibe fünf Stunden. Nur einige Stunden später haben wir dann am Sonntag wieder vier Stunden Messe gefeiert, es wurden nämlich insgesamt 50 Kinder an diesen Tagen getauft! Erstaunlicherweise war das aber eh kurzweilig, der Gesang und Tanz lockern das Ganze immer auf und geben neue Energie.

Generell war viel los in den vergangenen Wochen, aber so eine Action gibt mir auch viel Energie, anstatt sie mir zu rauben! Ich habe sehr viel Spaß bei den Pfadfinder*innen, habe da Freund*innen gefunden und ich genieße das so sehr, dass ich in der Gruppe einfach aufgenommen werde. Ohne viel nachzufragen, darf ich dabei sein, überall mitmachen und in einer Woche sogar die "Promessa" ablegen, also das Pfadfinder*innenversprechen, quasi die offizielle Aufnahme. Dafür haben wir die letzten Wochen fleißig die ganzen Sprüche, Lieder und Aufstellungen geübt und ich bin schon sehr gespannt! Den Zusammenhalt der Pfadis habe ich auch besonders spüren dürfen, als der Vater von einer Pfadi-Kollegin gestorben ist. Nach dem wöchentlichen Treffen am Sonntag sind wir alle zum Óbito (der Trauerfeier) gegangen, um unser Mitgefühl und die Anteilnahme auszudrücken.

Und es ist noch etwas ganz Besonderes passiert, von dem ich unbedingt erzählen möchte! In Angola ist es üblich, dem Kind nicht einfach irgendeinen Namen zu geben, den man schön findet, sondern man sucht immer jemanden, nachdem man das Kind benennen möchte. Quasi eine*n Namensvetter*in. Das ist eine Person aus dem Umkreis, oft aus der Familie, die einem wichtig ist oder eine besondere Rolle in der Zeit der Geburt gespielt hat. Für diesen Brauch gibt es sogar einen Namen. Man sagt: Die/Der Xará von meinem Kind ist die/der soundso. Oder mein Kind ist die/der Xará vom Onkel Fritz. Und was soll ich euch sagen! Ich habe eine Xará bekommen.

Gleich als ich am Mittwoch zum Dienst gekommen bin, stand in der Früh ein Kaiserschnitt an. Den habe ich als Hebamme mitbetreut, mich danach um die Mama und das Baby gekümmert und weil die kleine Maus ein bisschen zu früh geboren wurde, hat sie viel Unterstützung beim Stillen gebraucht. Also haben wir den ganzen Tag viel Zeit miteinander verbracht und am Abend hat mich die Mutter dann gefragt, ob ich Xará von dem Baby werden möchte und sie es nach mir benennen dürfe. Ich habe mich so gefreut. Das ist eine unglaubliche Ehre für mich! Ich bin jetzt ein bisschen wie eine Patentante für dieses Kind und werde die Familie hoffentlich noch ein bisschen begleiten können, in der Zeit, in der ich noch hier bin!

So lange bin ich nämlich gar nicht mehr in Angola, unglaublich, aber wahr, jetzt ist schon Halbzeit! Ich wiederhole mich, aber die Zeit vergeht wirklich wie im Flug und irgendwie will ich grad gar nicht daran denken, in ein paar Monaten hier alles zurücklassen zu müssen. Ich habe das Gefühl, jetzt geht‘s erst so richtig los. Ich habe mir hier ein Leben aufgebaut, finde mich jetzt gut zurecht, bin angekommen und Dinge, die vor Kurzem noch unerreichbar schienen, werden jetzt in die Realität umgesetzt.

Zum Beispiel habe ich mir immer vorgenommen, dass ich irgendwann mal in der Kirche eine Lesung lesen möchte. Das war für mich so das ultimative Ziel, der Beweis, dass ich dann schon richtig gut Portugiesisch kann, indem ich es schaffe, alles richtig auszusprechen und das deutlich vorzulesen und mich zu trauen, vor so vielen Menschen zu sprechen. Dafür war ich jeden Samstag beim Club der Leser*innen, wie ich es nenne, schöner heißt wahrscheinlich Lektor*innentreffen. Hier sind das lauter Jugendliche, die gerne lesen und sich jede Woche unterm großen Mucuabaum der Kirche treffen. Wir haben so Dinge geübt, wie laut und deutlich ins Mikrofon zu sprechen, wie man eine Lesung vorbereitet und all das. Ich weiß, ich weiß, das klingt nicht spannend, aber irgendwie habe ich diese Treffen immer sehr genossen und wir sind ein richtig nettes Grüppchen! Jedenfalls war‘s dann letzte Woche soweit, und ich durfte zum ersten Mal lesen und es hat alles gut geklappt!

Auch habe ich mich bisher nicht getraut, hier Auto zu fahren. Einerseits wegen den unebenen Straßen, aber auch weil ich diese großen Geländewagen einfach nicht gewohnt bin. Jetzt habe ich aber schon ein paar Mal mit dem Priester, Padre Celestino, geübt und im Endeffekt ist das eh nicht so kompliziert, wie ich dachte! Zusammenfassend kann ich sagen, dass jede Aufgabe zur Herausforderung wird, die sich aber auch bewältigen lässt und sich dadurch sogar schöne Begegnungen ergeben!

An dem Tag, als ich zum Beispiel ein Bankkonto hier eröffnen wollte, musste ich Passfotos ausdrucken und zur Administration von N'Zeto gehen, um eine Identifikationsnummer abzuholen. Das sind alles so Erwachsenendinge, vor denen ich eigentlich viel Respekt habe, aber im Endeffekt, habe ich dann nicht nur mit dem Bankangestellten, sondern auch mit dem Angestellten in der Administration richtig nett geplaudert. Es hat sich herausgestellt, dass er einige Jahre in den Niederlanden gelebt hat, und so haben wir angefangen auf Niederländisch zu reden. Ich muss aber sagen, dass das minibisschen, was ich in Belgien gelernt habe, schon sehr eingerostet ist. Vor allem weil mein Gehirn ja mit Portugiesisch grad schon genug zum Verarbeiten hat. Nie hätte ich gedacht, dass ich in diesem Dorf N'Zeto mal mein im hintersten Hinterstübchen vergrabenes Niederländisch auskramen muss!

So kleine Dinge verbinden. Auch als ich mein Datenvolumen in einem kleinen Geschäft aufladen wollte, bin ich auf das Pfadfinderthema mit dem Verkäufer gekommen. Ganz begeistert hat er mir erzählt, dass er vor Jahren auch bei den Pfadis war. Er hat mir dann versprochen, dass wenn ich am nächsten Tag nochmal komme, er mir seine Bücher und Hefte mitbringt und er auch zu meiner Promessa kommen möchte, um da auch seine Kolleg*innen wiederzusehen. Das war eine richtig schöne Begegnung und immer, wenn ich jetzt an diesem Geschäft vorbeigehe, bleib ich stehen und quatsche ein bisschen mit ihm. Für diese Offenheit liebe ich N'Zeto. Man nimmt sich auch immer Zeit, die Leute zu grüßen und nachzufragen, wie es ihnen und der ganzen Familie geht. Auch wenn man eigentlich im Stress ist und zu einer Verabredung muss, dafür nimmt man sich gerne ein paar Minuten!

Auf einem Foto seht ihr noch ein Hühnerküken. Es ist vor Kurzem im Inkubator geschlüpft und ist ganz aktiv und ich lasse es auch manchmal mein Zimmer erkunden. Fleißig hat‘s mir geholfen, die Englisch Schularbeiten zu korrigieren. Denn ich helfe in der Schule ein wenig aus.

Sr. Graciana unterrichtet hier in N'Zeto Englisch am Gymnasium. Sie ist quasi die Provinzleiterin der Schwestern in Angola und deswegen auch viel in Luanda und in den anderen Städten unterwegs. Daher hat sie mich gebeten, ob ich sie nicht ab den Osterferien ein paar Mal vertreten könnte. Nachdem ich mich also allen Klassen vorgestellt habe, durfte ich gleich an dem Tag der Englisch Prüfungen dabei sein und auch helfen, diese zu korrigieren. Ab der Osterpause startet hier das neue Trimester und dann werde ich an den Tagen, an denen ich nicht im Spital arbeite, in die Schule gehen. Ich freue mich schon sehr auf die neue Herausforderung, bin sehr gespannt, was mich da erwartet, ob ich es schaffe, die Schüler*innen für die Sprache begeistern und motivieren zu können und ob ich mich in den sehr gut besetzten Schulklassen überhaupt durchsetzen kann.

Ich schicke euch allen ganz liebe Grüße aus N'Zeto verabschiede mich auf Kikongo mit einem "Sala ya Nzambi"!

Fühlt euch umarmt, eure Eli!

Bei der Palmsonntagsprozession
Die Karfreitagsliturgie wurde an Stationen durchgespielt
Elisabeth mit ihren Pfadis