MaZ: „In Bolivien darf das Tanzen nie fehlen“

Elisabeth und Marie sind in Bolivien im Einsatz. In ihrem Rundbrief erzählt Elisabeth von der Bedeutung des Tanzes und warum sie ein Kreuzweg, den Jugendliche vorgespielt haben, besonders berührt hat.

Elisabeth (links) und Marie In Festkleidern zum Tag der Unabhängigkeit

Seit meinem letzten Rundbrief aus Santa Cruz ist schon über ein halbes Jahr vergangen. In der Zeit konnten ich, Elisabeth, und meine Mit-MaZ Marie ganz viel Neues erleben und kennenlernen. Unsere Arbeitssituation hat sich dabei aber nicht verändert. Wir arbeiten weiterhin im Kindergarten des Gefängnisses Palmasola sowie im Comedor unserer Kirchengemeinde, wo wir für hilfsbedürftige Senior*innen und Kinder kochen. Um einen besseren Eindruck der Situation der Kinder und Mütter im Gefängnis zu bekommen, empfiehlt sich übrigens sehr die Dokumentation „Vier Tage in Boliviens Mega-Knast“ vom SWR, die kürzlich erschienen ist.

Auch leben wir weiterhin in einer Kommunität, nun aber mit vier Schwestern, denn wir haben zu Neujahr Verstärkung bekommen. Wir konnten mittlerweile wirklich richtig gut ankommen und uns ist nun alles sehr vertraut. Im Morgengebet können wir jetzt schon ohne Buch mitsingen; im Comedor müssen wir nicht mehr fragen, wohin welche Schüssel kommt oder wie groß beziehungsweise eher klein das Gemüse heute geschnitten wird; die Kinder im Kindergarten sind jetzt anhand ihrer Rucksäckchen bestimmbar und auch Micro fahren geht ganz ohne App – also alles läuft!

In den letzten Monaten hatten wir auch die Gelegenheit, neben dem gewöhnlichen Alltag, Bolivien etwas zu erkunden und viele neue Seiten zu entdecken, was uns sehr beeindruckt hat. So konnten wir sehen, dass Bolivien so viel mehr ist, als nur Hitze und Palmen. Ganz im Gegenteil, so hat zum Beispiel Altiplano – so heißt die Region im Westen des Landes – durch die Anden so viel zu bieten. Dort mussten wir aber auch feststellen, dass wir etwas zu gut an das Klima von Santa Cruz gewöhnt sind und somit ganz viel gefroren haben. Unterwegs hatten wir die tolle Gelegenheit, die zwei anderen Kommunitäten der Steyler Schwestern in Bolivien (Cochabamba und Oruro) zu besuchen und somit alle Schwestern kennenzulernen, die uns sehr lieb aufnahmen.

Besonders Oruro hat großen Eindruck bei mir hinterlassen, dort konnten wir ein Projekt einer Schwester in der Caritas besuchen und eine Tradition der Quechua und Aimara erleben. „Challa“ heißt diese und wird vor allem während des Karnevals in Oruro gefeiert. Dabei verbrennt man kleine Opfergaben, wie Figuren aus Zucker oder Koka-Blättern, die man zuvor symbolisch mit Alkohol besprenkelt, um der Pachamama, also der „Mutter Erde“ zu danken. Damit bittet man sie um Wohlstand, Schutz und gute Ernte oder Geschäfte. Auch haben wir sehr gut gegessen und natürlich getanzt. Am nächsten Tag hat uns dann der größte Karneval Boliviens erwartet, den wir mit den Schwestern angeschaut haben. Mit ganz vielen tollen Tänzen und glitzernden Kostümen aus ganz Bolivien. Tanzen hat hier einen sehr hohen Stellenwert, das konnten wir nun oft erleben. So haben Marie und ich beispielsweise unter anderem für den Festtag „200 Jahre Unabhängigkeit von Santa Cruz“ im Februar, einen typischen Tanz einstudiert und passende Kleider, sogenannte Tipoys, getragen. Und dann für und mit den Kindern passend zu „Viva Santa Cruz!“ im Kindergarten getanzt. Denn es gibt hier schließlich keinen Feiertag ohne Tanzen!

Nicht nur bei den Kleinen ist Tanzen sehr beliebt, sondern auch unsere Generation tanzt gerne. So wurden wir mal von einem Mädchen aus dem Comedor eingeladen, ihre Tanzgruppe zu besuchen. Mehrmals die Woche treffen sich diese Gruppen in nahegelegenen Parkanlagen und üben die unterschiedlichsten traditionellen Tänze. Wir beide durften direkt mittanzen und haben wirklich unser Bestes gegeben, doch aktuell fließt noch zu viel deutsches Taktgefühl durch unsere Adern und so hatten wir wirklich zu kämpfen, um mitzuhalten. Viel Spaß hats aber trotzdem gemacht, besonders der afrobolivianische Tanz lag uns und wir bleiben dran – wir können ja schließlich nicht nach Deutschland zurückkehren, ohne richtig tanzen zu können!

Neben ganz viel Tanzen, bin ich nun auch immer mehr in unserer Kirchengemeinde drin und mittlerweile Teil von drei verschiedenen Gruppen. Eine davon ist „Infancia y Adoscencia Misionera“ - „Missionarische Kindheit und Jugend“. Dies ist ein Projekt, was es weltweit in ganz vielen Ländern gibt, um Kindern und Jugendlichen Gott näher zu bringen. Dieses wurde 1843 durch den französischen Bischof Carlos Augusto de Forbin-Janson gegründet und ist aktuell in mehr als 177 Ländern präsent. Bei uns in der Gemeinde findet es jeden Sonntag nach der Messe statt. Marie und ich sind dabei sogar ein Teil des Teams. Jede Woche treffen wir uns alle und spielen, malen, schauen Videos über Jesus und die Bibel und verbringen eine gute Zeit miteinander und lernen dabei ganz viel. Auch innerhalb des Teams treffen wir uns häufig, um den nächsten Sonntag zu planen. Zudem gibt es einmal im Monat ein Treffen aller Betreuer*innen aus ganz Santa Cruz. Dort können wir selbst noch etwas dazulernen – wie zum Beispiel den offiziellen Gruß „Von den Kindern der Erde – Immer Freunde“ oder die Bedeutung der Abzeichen und Symbole. Aber es gibt auch viel Input für die nächsten Treffen, wie beim letzten Mal, wo uns das Heilige Jahr näher gebracht wurde.

Die beiden anderen Gruppen, die wir besuchen, sind mit jungen Erwachsenen in unserem Alter. Eine der beiden Gruppe wird auch von einer der Schwestern geleitet. Dort liegt der Fokus vor allem auf dem Austausch über Gott und über das Evangelium. Neben guten Gesprächen kommen auch hier Spiele, sogenannte „Diámicas“, nicht zu kurz. Innerhalb der Jugendgruppen treffen wir uns alle auch auf vikarischer Ebene, also mit anderen Jugendgruppen verschiedener Gemeinden. Erst vor Kurzem besuchten Marie und ich das erste Mal so ein Treffen, welches unter dem Motto Fastenzeit stand. Dort kamen an die hundert Jugendliche zusammen und neben Aufwärmspielen, Tänzen, Anbetung und Austausch über Gleichnisse, war besonders eindrucksvoll, der von einer Gruppe gespielte Kreuzweg. Auch wenn ich aktuell jeden Freitagabend nach der Messe an einem Kreuzweg teilnehme, so konnte ich durch das Gespielte den Leidensweg nochmal richtig verstehen und die einzelnen Stationen nachvollziehen. Die Jugendlichen haben das mit so viel Einsatz und Motivation gespielt, dass mich das sehr berührt hat und ich nun die folgenden Kreuzwege, die noch in der Fastenzeit kommen, viel besser fühlen kann. Diese Kreuzwege sind ein wichtiger Teil unserer Vorbereitung für das große Fest der Auferstehung. Bei uns in der Gemeinde übernimmt jede Woche eine andere Gruppen diesen und somit durfte ich bereits als Teil des Comedors eine Station lesen.  

Nun fehlt nicht mehr viel bis zum Heiligen Fest und auch die Karwoche naht. Ich bin schon sehr gespannt, wie diese hier in Bolivien verbracht wird und ob ich viele Unterschiede zu Deutschland entdecken kann. Ich freue mich schon sehr auf die neuen weiteren Erfahrungen und dass wir dann mit ganz viel Freude und Gottes Segen die Auferstehung Jesu bald feiern können!

Elisabeth

 

Beim Jugendtreffen spielen Jugendliche spielen den Kreuzweg
Vorher gab es gemeinsame Spiele
Elisabeth und Marie schnippeln Gemüse fürs Mittagessen der Kinder