MaZ: Mittenrein ins MaZ-Abenteuer

Mitte August ist Luisa nach Südamerika aufgebrochen. Was sie in ihrem ersten Monat als Missionarin auf Zeit (MaZ) in Gobernador Roca erlebt hat, schreibt sie in ihrem Rundbrief.

Luisa machte bei einer Aufführung zum Tag der Lehrer*innen mit

Die ersten zwei Wochen nach der Ankunft in Südamerika habe ich in Paraguay verbracht. Dort wohnten ein Mitfreiwilliger und ich in einer Gastfamilie nahe Caacupé, um einen Sprachkurs zu machen. Von dort ging es über Asuncion weiter in Richtung Süden: an die Grenze Argentiniens. Ich wurde von zwei Schwestern aus Posadas in Encarnación abgeholt. Das ist die Grenzstadt in Paraguay, die auf der anderen Seite einer langen Brücke zwischen den beiden Ländern liegt. Die Einreise, die dementsprechend per Auto über die Brücke erfolgte, war glücklicherweise problemlos und so verbrachte ich noch anderthalb Tage in Posadas im Casa Central, dem „Haupt“kloster der Steyler Missionsschwestern in der Provinz Misiones. Ich wurde sehr freundlich empfangen und konnte den wunderbaren Klostergarten genießen: Dort wachsen Mango-, Avocado,- Pekannuss-, Guaven-, Maulbeer-, Orangen-, Pomelo-, und Papayabäume sowie Bananenstauden, Ananas, Maracuja und diverse Kakteen. Ich bin schon richtig verliebt in die Natur hier in Misiones, die dank des subtropischen Klimas im Winter üppig und grün ist und im Sommer wunderbare Früchte hervorbringen wird.

Am 31.08.2022 wurde ich von zwei Schwestern mit nach Roca genommen, an den Ort, wo ich dieses Jahr verbringen werde. Ein besonderes Highlight auf der Fahrt war für mich das erste richtige Matetrinken. Mate ist ein hier typisches Getränk, das in einem speziell dafür gemachten Becher mit einem „Bombillo“, einer Art Mischung aus Löffel, Sieb und Strohhalm, getrunken wird. Dabei wird immer wieder heißes Wasser auf eine Kräutermischung aufgegossen und der Becher wird reihum gereicht. Den Mate genossen wir während eines schönen Sonnenaufgangs. Ein magischer Moment, bei dem ich wirklich eine große Vorfreude auf das mich zukommende Abenteuer spürte.

In Gobernador Roca wurde ich herzlich von den Schwestern begrüßt. Ich wohne hier mit fünf sehr netten und engagierten Schwestern im Gebäude des Colegio Nuestra Señora de Fatima. Es handelt sich hier also weniger um ein klassisches Kloster; ich würde die Wohnsituation eher als eine religiöse Wohngemeinschaft beschreiben. Jede Schwester hat ihr eigenes Zimmer und das Wohnzimmer, die Küche und der Waschraum werden von allen genutzt. Außerdem gibt es eine kleine Kapelle im Haus. Auch ich habe mein eigenes Zimmer mit Bett, Schreibtisch, Schrank und Ventilator.

Ich arbeite in zwei verschiedenen Stellen.

Zum einen bietet sich natürlich das Colegio an, dessen Direktorin Sr. Manuela ist. Im Moment begleite ich eine fünfte Klasse, das heißt, ich sitze im Unterricht und helfe den Schüler*innen, wo ich mich schon gut genug ausdrücken kann. Das ist von Fach zu Fach unterschiedlich, und so gibt es auch Stunden, wie zum Beispiel Naturwissenschaften oder Spanisch, in denen ich eher Schülerin bin. Mein Ziel ist es jetzt erst einmal, mein Spanisch so weit zu verbessern, dass ich den Schüler* innen auch bei komplexeren Fragen gute und verständliche Erklärungen geben kann. Wenn das der Fall ist, kann ich hoffentlich auch andere Klassen besuchen und jeweils gesondert mit den schwächsten Schüler*innen in Fächern wie Mathe oder Englisch üben.

Daneben ist Sr. Ana besonders in der Arbeit mit Indigenen engagiert. Das bedeutet konkret, dass sie sechs Schulen in kleinen, abgelegenen Dörfern der Volksgruppe der Guaraní leitet. Ich durfte bisher zweimal in die Schule mitkommen, von der Sr. Ana aus auch die anderen Schulen koordiniert. Das Schulgebäude besteht aus vier Räumen: dem Lehrerzimmer, dem Kindergartenraum und zwei Klassenräumen, in denen jeweils die 1./2. und 3./4. Klasse zusammen unterrichtet werden. Außerdem hat es einen kleinen überdachten Vorplatz, an dem jeden Tag vor dem Unterricht die Begrüßung der Lehrer*innen, ein Gebet und die Fahnenbegrüßung abgehalten werden (ja, die Fahne Argentiniens wird dann feierlich und vom argentinischen Fahnenlied begleitet, aufgehängt). Dazu muss man noch sagen, dass die Schule in diesem Dorf in einem vergleichsweisen sehr guten Zustand ist: Die ca. 30 Familien leben in kleinen Hütten aus Holz oder Wellblech (immerhin mit Wasser, Strom und teilweise Internet) und haben jeweils noch ihren Gemüsegarten. In anderen Dörfern sieht es laut Sr. Ana schlechter aus: Dort haben die Bewohner*innen teilweise kein fließendes Wasser. Die Arbeit in dieser Schule macht mir total viel Spaß und demnächst werde ich in einer anderen Schule auch Englischunterricht geben dürfen.

Ein besonderes Ereignis war für mich hier der „Día del Maestro“: der Tag der Lehrer*innen. Dieser Tag wird an den Schulen recht groß gefeiert. Da der Feiertag dieses Jahr auf ein Wochenende fiel, wurde der freie Tag, den die Lehrer*innen zu diesem Anlass erhalten, auf den Freitag zuvor gelegt.

Ich durfte den Día del Maestro genau genommen drei Mal feiern:

Das erste Mal war am Freitag zuvor. Ich fuhr mit Schwester Ana und der Familie eines Lehrers der indigenen Schule, der kein Auto besitzt, auf einen Campingplatz. Dieser lag inmitten wunderschönster Natur in der Nähe von Capioví (ca. 50 km von Roca aus). Dort gab es neben einem Spielplatz, einer Kochstelle und mehreren Hütten zum Übernachten auch einen Stall u.a. mit Truthähnen, Hühnern, Kaninchen und Schafen sowie neun Fischteiche. Ich war für die Betreuung der Kinder der Lehrer*innen zuständig. Wir verbrachten einen schönen Tag mit vielen Spielen, der Besichtigung der Tiere, Spaziergängen und Angeln. Auch ich habe unter der Anleitung der angelkundigen Kinder zwei oder drei Fische gefangen. Es war sehr schön, gegenseitig voneinander zu lernen. Besonders hat mich gefreut, dass man sich durch Matetrinken ganz schnell und unkompliziert in die Gruppe aufgenommen fühlt. Einfach quatschen, lachen und nebenbei den Becher im Kreis herumreichen, schafft eine entspannte Atmosphäre und ein großartiges Gemeinschaftsgefühl.

Am Sonntag, den 12.09., war dann der eigentliche Día del Maestro. Zu diesem Anlass gab es Kuchen und Süßes zum Frühstück und ein reichliches Mahl zum Mittagessen. Dazu gehört natürlich Asado; außerdem Maniok, was das Pendant zur deutschen Kartoffel ist; „Sopa Paraguaya“, ein Auflauf aus Maismehl, Käse und Eiern; Gemüse, Salat, Reis und gefüllte Paprika.

Am nächsten Tag wurde der Día del Maestro noch im Colegio begangen. Im Gymnasium (8. bis 12. Klasse) gab es einen ca. halbstündigen Festakt bestehend aus Reden, Gebeten, der Hymne von Argentinien und Misiones, einer Hymne für verstorbene Lehrkräfte und der obligatorischen Ehrerweisung an die Fahnen von Argentinien, Misiones und, was mich ziemlich überrascht hat, der des Vatikans. Daran sieht man, wie groß der Einfluss der katholischen Kirche hier noch ist (wie das an anderen Schulen ist, die nicht von den Schwestern geleitet werden, vermag ich bisher nicht zu beurteilen).

Mir gefällt die Idee des Días del Maestro gut, da dies eine Gelegenheit ist, die Wertschätzung für die Arbeit der Lehrkräfte auszudrücken. Ich finde, in Deutschland kommt diese häufig zu kurz und es wird vergessen, welchen großen positiven Einfluss Lehrer*innen auf die Chancen und Zukunft eines Kindes haben können. Generell habe ich das Gefühl, dass hier der Lehrberuf angesehener ist. Was mir außerdem positiv aufgefallen ist, ist das persönlichere Verhältnis der Lehrkräfte zu ihren Schüler*innen: Die Lehrer*innen verteilen/ bekommen auch mal Umarmungen und Küsschen auf die Wange und werden mit Vornamen angeredet. Ich muss aber zugeben, dass ich mich noch nicht ganz an meinen Titel „Maestra Luisa“ in der indigenen Schule gewöhnt habe.

Luisa

Den erste Matetee vergisst man nie wieder
Beim Angeln mit den Kindern