Das wird mein vorerst letzter Rundbrief aus Rumänien sein. Die vergangenen Wochen waren davon geprägt den Staffelstab an die nächsten Läuferinnen zu übergeben. Außerdem habe ich wie eine Löwin dafür gekämpft, dass Kinder vom Olympia-Dorf in der neuen Schule angemeldet wurden, und dass sie eine realistische Chance haben, dort auch hinzukommen. Es ist mir eine große Freude, dass jetzt fünf Kinder vom Olympia-Dorf weiter in dem „Programm der Zweiten Chance“ mitmachen können und in die 5. Klasse gehen. Die Schule ist jetzt ungefähr acht Kilometer vom Olympia-Dorf entfernt, sie können mit den Stadt-Minibussen dort hinkommen.
Wir haben den fünf Kindern eine Monatskarte gekauft. Leider gibt es hier für Schüler oder Kinder keine Ermäßigung. Sr. Maria Chiara und ich waren am ersten Schultag auch dort und haben uns die Situation vor Ort angeschaut. Die Lehrerin ist sehr dankbar, dass die Kinder eine Unterstützung haben. Dort in der Schule habe ich auch gesehen, wie viele Kinder das „Programm der Zweiten Chance“ nach der 2. oder 3. Klasse abbrechen. Meiner Ansicht nach versagt das Jugendamt hier total. So viele Kinder ohne Schulbildung. Das betrifft nicht nur die Roma-Kinder, sondern auch Kinder aus anderen Problem-Familien, wenn Alkohol und andere Drogen im Spiel sind, oder die Eltern im Ausland sind, um Geld zu verdienen.
Denis, einer der fünf Kinder, den ich schon seit 2015 kenne, habe ich zum Koordinator ernannt. Ich habe ihm mein altes Telefon wieder fit gemacht und eine Telefonkarte gekauft. Er macht das ganz großartig. Auch wenn wir für die Schüler Schreibmaterial oder anderes geben wollen, übernimmt er das ganz verantwortungsvoll. Schon mit sieben Jahren ist Denis ganz treu und regelmäßig und immer sauber zur Schule gekommen, obwohl zu Hause oft das Chaos herrscht. Er hat mich auch gleich nach Seife und Waschpulver gefragt, um die Kleider zu waschen. Das habe ich ihm natürlich freudig gegeben und auch gleich für den Rest der Gruppe.
Neben der Buchhaltung, die Sr. Maria Chiara übernehmen wird, war ich ja hier in Rumänien für meine Naturmedizin bekannt. Die Heilkräutersalbe wird im Kindergarten bei den Kindern von Sr. Theresia „Crema Magic“ genannt. Wie schon in früheren Briefen erzählt, habe ich eine Salbe mit Frühlingskräutern, eine mit Sommerkräutern und eine mit Herbstkräutern gemacht. Die letzte Salbe habe ich in den letzten Tagen hergestellt. Die Salbe haben wir nach der großen Heiligen von Iaşi, der Heiligen Paraskeva, genannt. Sie ist eine Heilige der Nächstenliebe und wird vor allem von den Armen, aber auch von der ganzen Gegend hier sehr verehrt. Ihr Feiertag war am 14.10. Zu diesem Anlass pilgerten mehr als 300.000 Menschen nach Iaşi. Mit Zweigen von Basilikum berühren sie den Sarkophag und mit vielen anderen Gegenständen, damit sie gesegnet werden.
Bei dieser Salbe konnte ich auch Sr. Ansila und Sr. Maria Chiara zeigen, wo die benötigten Heilkräuter wachsen und wie sie aussehen. Ich habe versucht, alle wichtigen Fertigkeiten für das Mischen von Tee, die Herstellung von Salben und die Buchhaltung weiterzugeben. Jetzt bin ich dabei, meinen Nachlass zu verwalten und zu verteilen. Dabei merke ich, dass ich in ganz verschiedenen Bereichen tätig war. Ich habe versucht, den Boden zu bereiten und auch gesät. Ob etwas von dem Samen aufgehen wird oder es sogar bis zur Ernte schafft, wird sich erst später herausstellen.
Als Gärtnerin weiß ich, dass einiges von den Schnecken gefressen wird oder von den lieben Spatzen wieder aus dem Boden gepickt wird. Aber trotzdem ist immer etwas gewachsen. Das ist meine Bitte an den Herrn des Weinberges, dass er den Segen dazu gibt. So lasse ich alles Begonnene und Unvollendete, sowie besonders die Menschen vom Rand der Gesellschaft, zurück und empfehle sie der Barmherzigkeit Gottes an. Manche von Euch werde ich dann in Deutschland wieder treffen.
Im Gebet verbunden grüße ich von Herzen das vorerst letzte Mal aus Rumänien. Anfang November reise ist zurück nach Laupheim.
Eure Sr. Lioba Brand