… da wandte sie sich IHM zu …

Für die wöchentliche Kolumne der Deutschen Ordensobernkonferenz schreibt Sr. Annette Fleischhauer, warum sie sich wie Maria von Magdala fühlt. 

Montagsmorgens um 6.30 Uhr halten wir in unserer Kommunität in Berlin Schriftgespräch. Als Text nehmen wir das Evangelium vom darauffolgenden Sonntag! So auch in der Karwoche. Unpassender Weise für die Karwoche - oder womöglich doch: passender Weise? - traf es bereits die Frohe Botschaft vom Ostersonntag: die Begegnung des Auferstandenen mit Maria von Magdala. 

Kennen Sie das auch? Dass Sie ein Wort aus der Schrift plötzlich förmlich anspringt, als sei es völlig neu? Noch nie gehört und nie gesehen in diesem Kontext? So ging es mir – am Montag in der Karwoche! Das neblige Auf und Ab unserer Corona-Zeit, die Einschränkungen, die wir schon so lange leben, die Sorge um das Leben so vieler Menschen und auch um das eigene Leben… All das verbannt das lebendige Leben oft unter eine Käseglocke! 

Auf einmal wurde mir klar: Dieser Maria im Text geht es wie mir! Zerschlagene Hoffnung, keine Zukunftsperspektive – bis zu diesem Moment: Sie hört ihren Namen - und wandte sich Jesus zu – wandte ihm ihr ganzes verzweifeltes Leben zu und das Leben aller, deren Hoffnung sich zerschlagen hatten - und erkannte ihn! Mir fiel es wie Schuppen von den Augen, dass das jetzt – am Montag in der Karwoche! – mich betrifft und eine Einladung an mich ist: meinen Namen zu hören und MICH JESUS ZUZUWENDEN! Mich der Hoffnung, dem Leben, dem Hellen zuzuwenden – dem Vertrauen, dass ich nicht allein bin und es zusammen mit ihm gut werden kann! 

Das Chaos geht weiter – zu viele Menschen auf den Intensivstationen, zu langsames Impfen… Ich selbst bekam auf einmal eine rote Warnung auf der Corona WarnApp, Bangen, Test, Entwarnung… dann die Feier des Ostergottesdienstes im Frauengefängnis in Berlin, draußen, unter freiem Himmel im Hof, mit einem selbst gebastelten Osterfeuer, (ein echtes Feuer war nicht erlaubt) und anderen liebevoll vorbereiteten Details, die Teilnehmerinnen, die auf kleinen Kissen mit Abstand auf dem Rasen saßen… die freudige Atmosphäre (so selten im Gefängnis), die Kerzen, das Licht, die Ostereier, die vielleicht nie gehörte Botschaft… die allermeisten von ihnen sind nicht kirchlich sozialisiert. 

Vielleicht sind auch hier – tief im Herzen – das eine oder andere Licht, eine Hoffnung oder eine Freude aufgestrahlt! Gottes Geist weht, wo er will – egal ob hinter Gefängnismauern – oder an einem Osterfest am Montag in der Karwoche!

Sr. Annette Fleischhauer 

Zur Person: Sr. Annette Fleischhauer arbeitet als Seelsorgerin in einem Frauengefängnis in Berlin.