Von Christus ergriffen

Jesus nachzufolgen, das bedeutet: sein Leben zu verinnerlichen, seine Haltungen, seine Werte, seinen Weg. Es bedeutet: sich ausrichten auf Ihn, umkehren, sich wandeln lassen, ein neuer Mensch werden in Christus. Er zeigt uns, wie unser Leben gelingen kann. In Ihm wird deutlich, dass „Leben in Fülle“ (Lk 10,10) auf uns wartet, auf jeden Menschen, auf die ganze Schöpfung, über den Tod hinaus. Durch Ihn, der in uns lebt, haben wir daran Anteil.

Jesus nachzufolgen ist nicht zu trennen vom Hören auf GOTTES Wort. Die Auseinandersetzung mit dem, was Menschen von Jesus berichten, lässt uns Seinem Geheimnis näher kommen: Er ist das Wort, in dem sich GOTT selbst ausspricht, das hineinsprechen will mitten in unser Leben.

Dass in der Steyler  Ordensfamilie das Hören auf GOTTES Wort seit jeher eine herausgehobene Rolle spielt, zeigt sich bereits im Namen der Männergemeinschaft, die von Arnold Janssen als erstes gegründet wurde: „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“. Wir Steyler Missionsschwestern sind nach dem Heiligen Geist benannt, der uns das Wort GOTTES erschließt. Erst in Seinem Geist können wir es verstehen und leben. Wir Missionarinnen und Missionare wollen uns immer mehr vom Wort GOTTES ergreifen lassen und unser Leben danach ausrichten. Dadurch können wir als authentische Botschafterinnen und Botschafter mit unserem ganzen Leben das Evangelium verkünden.

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei GOTT und das Wort war GOTT.
In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut,
die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater,
voll Gnade und Wahrheit.“
(Joh 1,1.4.14)

Jeder Tag ist bei uns Steyler Missionsschwestern vom Wort GOTTES geprägt. In der Tagzeitenliturgie bzw. in der Messe hören wir die Schrifttexte des Tages. Im persönlichen Gebet kann das Wort, das uns in der je eigenen Situation angesprochen hat, in uns weiterklingen. Beim wöchentlichen Bibelteilen tauschen wir unsere Gedanken zu einer ausgewählten Schriftstelle aus. In den jährlichen Exerzitien und in den monatlichen stillen Tagen ist Zeit, sich vom Wort GOTTES beschenken und herausfordern zu lassen.

Leben nach den evangelischen Räten

In den Evangelien lassen sich viele Hinweise Jesu entdecken, wie Menschen zu einem erfüllten Leben finden in Verbundenheit mit GOTT und den Mitmenschen. Er rät beispielsweise zu Barmherzigkeit, Vergebungsbereitschaft und Feindesliebe. Besondere Bedeutung haben im Laufe der Geschichte die aus dem Evangelium abgeleiteten Räte „Armut“, „Gehorsam“ und „Keuschheit“ erlangt. Sie gelten fraglos für alle Christinnen und Christen, doch haben sie im Ordensleben ein spezifisches Gesicht erhalten, das die Lebensform wesentlich prägt.

Armut

Als Ordensfrauen wissen wir uns angewiesen auf GOTT und aufeinander, und darin sind wir mit der ganzen Menschheitsfamilie verbunden. Konkret erkennbar wird das Gelübde in unserer Gütergemeinschaft: Keine Schwester verfügt über ein privates Bankkonto, vielmehr wird aus einer gemeinsamen Kasse bezahlt, was jede braucht. Dabei bleibt es eine beständige Herausforderung, einen einfachen und nachhaltigen Lebensstil zu leben, der den Mitmenschen in ärmeren Regionen der Welt und auch der ausgebeuteten Schöpfung gerecht wird. Die freiwillige Selbstbeschränkung ermöglicht auch bei den finanziellen Mitteln einen solidarischen Einsatz, der zu einem „Mehr“ an Leben und Gemeinschaft führt.

Gehorsam

Als Ordensfrauen bezieht sich unser Gehorsam in erster Linie auf GOTT, dann auch auf wechselseitiges Hören aufeinander. Gehorsam ist keine Einbahnstraße von einer Schwester zu ihrer Vorgesetzten. Vielmehr ist die gewählte Leiterin zunächst zum Hören auf die einzelne Schwester und auf die Gemeinschaft verpflichtet. Weil sie dies tut und kann sie somit stellvertretend für die Gemeinschaft sprechen. Gehorsam meint vor allem das gemeinsame Suchen nach dem Willen GOTTES – der durch jede einzelne, der durch alles Lebendige und alle Dinge zu uns spricht.

Ehelose Keuschheit

Wir leben ehelose Keuschheit bzw. Jungfräulichkeit als Gemeinschaft in verbindlicher Beziehung. Unsere Gemeinschaft weist über uns hinaus: auf GOTT, den wir gegenwärtig wissen und zugleich erwarten. Das gemeinsame Leben von uns Schwestern soll zum Segen werden für unsere Mitmenschen: durch unser Engagement, durch unsere Präsenz, durch unsere Gastfreundschaft. Damit für uns alle ein wenig von dem erfahrbar wird, was uns im Reich GOTTES verheißen ist.

In den drei evangelischen Räten der Armut, des Gehorsams und der Keuschheit bzw. Jungfräulichkeit spiegelt sich das ganze Leben Jesu wider. Nach und nach versteht der Mensch, der die Räte zu leben versucht, Jesus mehr und verinnerlicht seinen Weg. Die drei vorgestellten Räte sind nicht voneinander zu trennen, sie durchdringen sich inhaltlich gegenseitig. Für uns Schwestern stellen sie ein dreifaches Gelübde dar, das wir bei der Profess ablegen. Es ist der Weg, der uns dahin führt, uns GOTT ganz anzuvertrauen und so das Leben in Fülle zu finden.

GOTT schreiben wir in Großbuchstaben.

Denn GOTT ist größer als alles, was wir kennen. Er passt nicht in unsere Schubladen. Auch nicht in die Kategorien männlich-weiblich.
An einigen Stellen schreiben wir um der Lesbarkeit willen von GOTT in der männlichen Form. Die bald wieder folgenden Großbuchstaben sollen uns aber erinnern: GOTT ist anders, als wir denken können. Größer.

„GOTT ist Geist, und alle, die Ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4,24).

Ein besonders geeignetes Mittel, das Wort GOTTES in das eigene Leben sprechen zu lassen, sind Exerzitien. Deshalb gab unser Ordensgründer den Brüdern und Schwestern von Anfang an geistliche Impulse. Bis heute sind Schwestern und Brüder in der Exerzitien- und Bibelarbeit engagiert.