Das Sternchen

In der wöchentlichen Kolumne für orden.de schreibt Sr. Ida Haurand über das Gendern und die Frage, was sich hinter dem Gender-Sternchen verbirgt. 

Reicht es nicht, wenn ich einfach die männliche Form benutze? Diese Frage haben Sie vielleicht auch schon mal gehört oder sich selbst gestellt. Bis vor einigen Jahren habe ich Fußnoten mit dem Hinweis, dass zur besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet wird, als ganz selbstverständlich empfunden. 

Nun, nach Missbrauchsskandalen, #OutinChurch und der Erkenntnis, dass es in unserer Gesellschaft, ja sogar in unserer Kirche, durchaus eine Vielfalt geschlechtlicher Identitäten gibt, ertappe ich mich dabei, wie ich innerlich die Hände über dem Kopf zusammenschlage und mich frage, warum wir dieses Thema überhaupt noch diskutieren. 

Wenn ich nun daran denke, dass ich aus fragwürdigen Gründen, wie etwa besserer Lesbarkeit, versucht habe, mich vom generischen Maskulin angesprochen zu fühlen, empfinde ich das als inakzeptabel. Denn es stimmt nicht. 

Wenn Sie ein Kind bitten, einen Lokführer zu malen, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit einen Mann malen. Falls ich nach einem Polizisten gefragt werden, denke ich als erstes an einen Mann. Denn Mann ist die Norm. 

Ich bin keine Diversitäts-Expertin, trotzdem wage ich zu behaupten, dass hinter dem so harmlos daherkommenden Gender-Sternchen1 eine gewaltige Machtfrage steckt. Denn solange das Maskulinum Norm ist, reproduzieren und feiern wir das Patriachat. Wozu das führt, wissen gerade wir Katholik*innen bestens. 

Und es gibt keine wirkliche Zwischenlösung. So sehr ich manchmal versuche, mich möglichst geschlechtsneutral auszudrücken, so sehr scheitere ich bei dem Versuch Sätze so zu bauen, dass ich am Ende nicht entscheiden muss, nur die männliche Form zu nutzen oder ein Sternchen, beziehungsweise eine kurze Pause vor dem –innen einzufügen. Ich muss also Position beziehen. 

Letztendlich spiegelt Sprache Gesellschaft wider. Sie zeigt Machtverhältnisse auf, kann Beziehung aufbauen und zerstören, wird diskutiert und hinterfragt. Sie ist aber auch wandelbar. Das macht Mut und lässt hoffen. 

Sr. Ida Haurand

Neben dem Sternchen gibt es noch weitere Darstellungsmöglichkeiten, die auf vielfältige Geschlechtsidentitäten hinweisen.

 

Dieser Text ist Teil der wöchentlichen Kolumne auf orden.de