Papua-Neuguinea in der Coronakrise: Irrglauben und wenig Tests

Mit einer deutschen Nähanleitung hat Sr. Monika Steinberger zu Beginn der Pandemie in Papua-Neuguinea begonnen, Masken zu nähen. Wie die Missionsschwester die Pandemie erlebt, beschreibt sie in ihrem Rundbrief.

Seit Januar arbeite ich an der Divine Word Universität in Madang als „Counselor“ (als professionelle Beraterin, Anm. d. Red.). Die Aufgabe fordert mich und erfüllt mich. Es freut mich, wenn ich erleben darf, dass es StudentInnen oder Angestellten besser geht, sie Lösungen finden in Lebenskrisen oder wieder besser schlafen, normal essen, sich konzentrieren können, wieder mehr lachen. Der Start war nicht einfach, da ich gerade erst mein Studium abgeschlossen hatte und nun in der Melanesischen Kultur umsetzte, was ich auf den Philippinen gelernt habe. Am meisten vermisse ich die Supervision, aber allmählich wird es einfacher, da ich mehr Erfahrung gesammelt habe.

Counseling hat in PNG immer noch einen negativen Beigeschmack und so war es vor allem durch Mund zu Mund Propaganda meiner Klienten, dass mehr und mehr StudentInnen nach  Beratungssitzungen gefragt haben. Darüber hinaus habe ich mich auch von meiner Seite darum bemüht, verschiedenste Kontakte zu knüpfen. Das Coronavirus hat mir dazu genügend Gelegenheiten verschafft: Vor Ostern haben auch wir hier in PNG die ersten Warnzeichen der Pandemie mitbekommen. Über fünf Wochen hatten wir einen Lockdown und durften nicht unterrichten. Das hat allerdings nicht sehr viel gebracht, da wir 1800 StudentInnen in Wohnheimen auf dem Campus haben. Sie schlafen in Mehrbettzimmern und benutzen Gemeinschaftsduschen und Toiletten und eine gemeinsame Mensa. Abstandhalten und Händewaschen waren die einzigen Maßnahmen, die wir einigermaßen einführen konnten.

Um den Unterricht wieder starten zu dürfen, hatten wir die Auflage, dass die StudentInnen Masken tragen müssen. Die wenigen Papiermasken waren in der Stadt schnell ausverkauft und waschbare Mundschutz gab es nicht zu kaufen. So habe ich meine ersten Modelle nach deutscher Nähanleitung angefertigt und dann ein Team von Näherinnen angestellt. Unser Startkapital waren Spendengelder aus Deutschland. Später haben wir von „Brot für die Welt“ weitere finanzielle Unterstützung bekommen. Davon konnten wir fünf Stoffballen kaufen, Berge an Secondhand Leinentücher für die Streifen zum binden, Fäden, Maschinenöl und Nadeln. Die größte Herausforderung war es, einen passenden Draht zu finden, der es ermöglicht, die Maske gut an der Nase abzuschließen.

Unsere Wahl fiel schließlich auf Verschlüsse von Schnellheftern. Die Uni hat drei Nähmaschinen gestellt und wir haben weitere Maschinen ausgeliehen und so haben wir zwischen Ostern und Pfingsten 5100 Masken genäht. Jeden Abend hat eine andere Gruppe StudentInnen die Materialien zugeschnitten, die unsere neun Näherinnen vernäht haben. Meine deutsche Kollegin hier an der Uni besitzt die einzige Waschmaschine, die auf 60 Grad waschen kann und so hatte sie täglich einen Berg Wäsche, denn unser Ziel war es, hochwertige saubere Masken auszugeben, die einige Monate überleben. Mir war die Projektleitung anvertraut, was meine freie Zeit neben meiner Vollbeschäftigung als Counselor ausgefüllt hat.

An den Samstagen waren die Einkaufsfahrten, montags bis freitags habe ich in der Mittagspause mit den Näherinnen Kontakt gehalten, nach Feierabend die fertigen Masken gezählt und zum Waschen gebracht, dann die gewaschenen Masken sauber in Kisten verpackt und abends mit den StudentInnen die Materialien zugeschnitten. Es war eine hektische Zeit, aber auch eine gute Gelegenheit, verschiedenste Menschen besser kennenzulernen. Vor Pfingsten waren wir dann soweit, dass wir genügend Masken hatten, um jedem Studierenden zwei zu geben. Darüber hinaus haben wir noch Masken für die Angestellten genäht, die sie kaufen konnten.

Unser Projekt hat schnell Nachahmer gefunden. Von der Diözese kamen interessierte Frauen, die wir angelernt haben und nach und nach haben die Pfarreien entlang der Nordküste bis zum Sepikgebiet das Nähen begonnen. Inzwischen gibt es überall selbstgenähte Masken zu kaufen, aber die Qualität lässt leider oft zu wünschen übrig. Die ersten Menschen, die Corona-positiv getestet wurden, waren Ausländer. Danach wurde das Testen weitgehend eingestellt, da damit gedroht wurde, die Häuser jener Menschen niederzubrennen, die positiv getestet werden. Verschiedenste Mythen haben sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Darunter war die Idee, dass PNG von Covid-19 verschont bleibt, weil es ein katholisches Land ist und wenn man seinen Rosenkranz (auf Englisch corona) bei sich trägt, kriegt man keinen Corona. Andere waren davon überzeugt, dass das Virus keine dunkelhäutigen Menschen angreift. Keine dieser Theorien hat sich bestätigt.

Wir haben in der Hauptstadt Port Moresby, in dem Grenzgebiet zu Indonesien und auch in den meisten anderen Provinzen inzwischen bestätigte Faelle. Hier in Madang wird nach wie vor kaum getestet. Die Universität hat zwei zusätzliche Krankenschwestern angestellt und ein Testzentrum gebaut, aber die Regierung hat uns bislang nur zehn Testkits gegebn. Viele StudentInnen haben Schnupfen, Husten und einige klagen über Fieber und Kopfschmerzen, aber zum Glück ist bisher niemand ernsthaft krank geworden. Ähnliche Beobachtungen werden auch von anderen Provinzen berichtet und so hatten wir bisher nur sieben bestätigte Todesfälle. Unsere internationalen Grenzen waren seit März weitgehend dicht und unsere Insellage und das heiße Klima hat uns bisher wohl auch geholfen. Über Weihnachten haben wir allerdings große Ferien und unsere StudentInnen fahren und fliegen alle nach Hause. Was das im Februar bedeutet, wenn das neue Studienjahr beginnt, wissen wir nocht nicht. Wahrscheindlich wird der eine oder andere Studierende oder Angestellte corona-positiv zurückkehren und es wird schwer werden, die Ansteckungsgefahr zu reduzieren.

Trotz Coronavirus ist es Dr. Kuzma gelungen, das Alexishafen-Gesundheitszentrum weiter zur Universitätsklinik auszubauen. Die finanzielle Unterstützung aus Europa hat hier maßgeblich dazu beigetragen und nächstes Jahr wird die erste Gruppe Chirurgen ihr Studium abschließen. Das sind freudige Meilensteine hier an der Uni, denn PNG hat einen enormen Ärztemangel. Dr. Kuzma hat einen kleinen Bericht geschrieben (Spalte rechts).

Ich danke Euch und Ihnen allen für die herzliche Verbundenheit und Unterstützung. Gerade in dieser Zeit der Pandemie ist es so wichtig, dass wir füreinander beten. Wir nehmen Sie mit ins Gebet hier und bitte, beten Sie auch für uns.

In herzlicher Verbundenheit,
Sr. Monika Steinberger, SSpS