Advent im Gefängnis – „Tröstet, tröstet mein Volk …“ Jes 40,1

Sr. Annette Fleischhauer arbeitet als Seelsorgerin im Berliner Frauengefängnis und hatte am zweiten Adventssonntag einen besonderen Gottesdienst für die Inhaftierten vorbereitet. Wie sehr der Chor die Frauen berührte und ihnen eine schöne Zeit bescherte, davon erzählt Sr. Annette.

Das JoBa Chörchen begeisterte die Frauen - das Foto enstand bei einer anderen Veranstaltung, da im Gefängnis nicht fotografiert werden darf.

„Wir freuen uns schon auf den Gottesdienst am Sonntag“, sagte mir eine Inhaftierte mit einem breiten Lächeln. Er war besonders an diesem zweiten Advent! Denn: Das „JoBa Chörchen“ von der Johannes Basilika in Berlin hatte sich aufgemacht, um im Frauengefängnis in Berlin Lichtenberg den Gottesdienst musikalisch zu gestalten. So klangen schon vor Beginn die mehrstimmigen Töne vom Einsingen durch das Haus. Bis auf den letzten Platz füllte sich der große Raum mit Frauen, die erwartungsvoll die Besucher*innen anschauten.

Die sechs Personen des Chores sangen bis zu vierstimmige Advents- und Taizé-Lieder. Man hatte den Eindruck einen Chor von 20 Personen zu hören. Nach jedem Lied bekam der Chor Applaus! Mein Hinweis, wir könnten vielleicht am Ende kräftig applaudieren – verklang ungehört. Zu überwältigend war der ungewohnte Chorgesang - live!

Die Lesung aus Jesaja 40,1-11 ist so unendlich ermutigend und tröstend, nicht nur für das Volk Israel in der Gefangenschaft, sondern auch für das leidende Volk Gottes heute! Anstelle einer Ansprache trugen mehrere Frauen mit verteilten Rollen eine neue Weihnachtsgeschichte vor. (Hier herunterladen)

Am Ende des Gottesdienstes gab es doch noch kräftigen Applaus und spontane Rufe wie: „Sie haben sooo schön gesungen…!“ Die Sänger*innen waren gerührt und meinten, soviel Dankbarkeit würde ihnen sonst nicht entgegenströmen.

Zum Dank bekamen sie eine Tasse oder Müslischale überreicht, die die Frauen oder Jugendlichen in der Malerei und dem Jugend - Beschäftigungszentrum vom Gefängnis getöpfert hatten. Beim Hinausgehen meinten die Sänger*innen spontan, sie würden auch gerne wiederkommen. Wir müssen wohl einen guten Eindruck hinterlassen haben! ;-)
 

Eine Inhaftierte beschreibt den Adventstag so:

„Grau und nass war der Tag. Der Kirchturm, der normalerweise von meinem Fenster durch die Gitterstäbe zu sehen ist, verschwand im Nebel. Alles ist trostlos, grau und stumpf.
Um 10 Uhr begann der Gottesdienst. Der Chor sang die wunderschönen Lieder, der Tannenbaum leuchtete warm. Wir zündeten Kerzen an, meine war für meine Familie, bei der ich dieses Jahr nicht sein kann.

Die ganze Mühe wegen einem Kind, das in der Krippe geboren wird. Ein kleines Baby, von niemandem gewollt und abgewiesen. Die Hoffnung erfüllte mein Herz, Hoffnung und der Zauber der Stunde. Durch das Fenster sah ich, dass die ersten Schneeflocken munter fielen. Erst langsam und dann immer mehr und mehr…“
                                   
Sr. Annette Fleischhauer, Seelsorgerin in der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Berlin